Cloud-Marktführer AWS schafft 600 Stellen in Deutschland

Cloud-Marktführer AWS schafft 600 Stellen in Deutschland

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Der Cloud-Anbieter baut die Belegschaft in Deutschland deutlich aus.

(Foto: Reuters)

Düsseldorf Der Cloud-Spezialist AWS hat das Geschäft in Deutschland deutlich ausgebaut – wegen der Coronapandemie investieren viele Unternehmen in die Digitalisierung. Das macht sich bei der Personalsuche bemerkbar: Im Laufe des Jahres werde man 600 neue Stellen schaffen, sagte Klaus Bürg, der bei der Amazon-Tochter für den deutschsprachigen Raum verantwortlich ist, dem Handelsblatt.

Die Positionen sollen in allen Bereichen entstehen – in Zentralfunktionen und Vertrieb ebenso wie in der Entwicklung und im Betrieb der Rechenzentren. Der Konzern baut zum Beispiel mit dem Max-Planck-Institut in Tübingen ein Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz auf. Das Innovationspotenzial des deutschen Marktes für die Cloud sei groß, zudem gebe es im Land viele Technologietalente, erklärte Bürg.

Deutschland gilt als Nachzügler bei der Digitalisierung. So verortet das European Center for Digital Competitiveness die Bundesrepublik auf dem vorletzten Platz der sieben wichtigsten Industrienationen (G7). Beim Einsatz von Cloud-Diensten hat sich aber in den letzten Jahren einiges getan. Einer Erhebung der Statistikbehörde Eurostat zufolge liegt die Nutzung mittlerweile leicht über dem EU-Durchschnitt.

Die Coronakrise habe viel dazu beigetragen, betonte Bürg: Die Digitalisierung helfe, Kundenanforderungen besser gerecht zu werden, Cloud-Computing sei dabei „ein wichtiger Stellhebel“. Die Technologie ermöglicht es, kurzfristig und nach Bedarf auf IT-Ressourcen zuzugreifen. Das Resultat ist im besten Fall mehr Geschwindigkeit und Flexibilität.

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Der Manager beobachtet zudem, dass sich das Narrativ verändert: Während es in der Vergangenheit etwa beim Datenschutz viele Bedenken gegeben habe, gehe es mittlerweile häufig um die „Vorteile der Datenökonomie“. So will die Politik den Datenaustausch über Unternehmensgrenzen hinweg fördern, zum Beispiel mit einer Datenstrategie und Projekten wie der digitalen Infrastruktur Gaia-X.

Milliarden an zusätzlicher Wertschöpfung

Nach einer Umfrage des Marktforschers IW Consult im Auftrag von AWS setzten im vergangenen Jahr 37,5 Prozent der rund 1500 befragten Unternehmen mit mindestens zehn Mitarbeitern die Public Cloud ein, bei der die Daten ausschließlich in den Rechenzentren der Dienstleister verarbeitet werden. Amazon ist im Markt für Infrastruktur aus der Datenwolke die Nummer eins, vor Microsoft und Google.

In der Coronazeit ist die Nutzung rapide gestiegen. Gut 58 Prozent der Unternehmen betrieben im vergangenen Jahr mindestens ein Drittel ihrer IT-Infrastruktur in der Cloud – 2019, also vor der Pandemie, waren es nur gut 40 Prozent. AWS baut deswegen neue Standorte auf, derzeit entstehen in Berlin und München neue Rechenzentren, die bei der Datenübertragung eine geringere Reaktionszeit (Latenz) gewährleisten sollen.

Viele Unternehmen nutzen bislang relativ einfache Cloud-Dienste wie Bürosoftware (78 Prozent), virtuelle Speicher (78 Prozent) und Videoplattformen (62 Prozent). Die Technologie hilft zudem bei Webanwendungen (57 Prozent) und Prozessautomatisierung (56 Prozent). Seltener kommen virtuelle Server (30 Prozent), Plattformen für die App-Entwicklung (17 Prozent) und Künstliche Intelligenz (11 Prozent) zum Einsatz.

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Bürg verwies darauf, dass viele Unternehmen zunächst einzelne Anwendungen nutzen und dann immer mehr IT in die Cloud verlagern. Zudem gebe es Kunden, die auf der Infrastruktur von AWS ihre eigenen Plattformen aufbauten, etwa Volkswagen mit der Industrial Cloud oder die Deutsche Börse mit einem System für die Datenanalyse, das beim Test von Handelsalgorithmen zum Einsatz kommt.

Der wirtschaftliche Nutzen der Cloud ist nach Einschätzung der Wirtschaftsforscher auch so erheblich: Durch Einsparungen bei der IT-Infrastruktur sowie zusätzliches Geschäft ergebe sich für das Jahr 2021 ein Wertschöpfungszugewinn in Höhe von 68,5 Milliarden Euro – das sei genauso viel „wie in den Wirtschaftszweigen der Luftfahrt und Schifffahrt zusammen“. Auf Marktführer AWS entfallen demzufolge 11,2 Milliarden Euro. IW Consult gehört zum Institut der deutschen Wirtschaft (IW) und macht Auftragsforschung.

Eine Mehrheit von 63 Prozent der Unternehmen verzichtet allerdings noch auf die Public Cloud. Neben der fehlenden Relevanz fürs Geschäftsmodell (71,4 Prozent) sind Bedenken bei Datensicherheit (51 Prozent) und Datenschutz (44 Prozent) die wichtigsten Argumente. Ein beträchtlicher Teil (43 Prozent) hat sich aber auch einfach noch nicht mit der Technologie beschäftigt.

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