Handball-Bundesliga: THW mit guten Aussichten – und Wettbewerbsvorteil? | NDR.de – Sport

Stand: 06.09.2021 13:41 Uhr

Mit dem Start der Handball-Bundesligasaison beginnt für den THW Kiel ab Mittwoch die Jagd nach dem Titel und für den HSV Hamburg die nach dem Klassenerhalt. Im Mittelpunkt steht aber die heiß diskutierte Zuschauerfrage.

von Matthias Heidrich und Thomas Koos

Viktor Szilagyi ist kein Lautsprecher. Beim Thema Fan-Rückkehr haut der Ex-Profi im NDR Interview dann aber doch gerne einen raus. “Unsere 9.000 Neuzugänge werden eine riesengroße Rolle spielen. Sie werden uns wieder ans Leistungsmaximum pushen”, sagte der 42-Jährige und kann sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. “Die Leute haben eine Riesenlust, wieder in die Halle zu gehen. Wir verspüren alle eine unglaubliche Vorfreude auf diesen Moment.”

Kiel vor fast ausverkauftem Haus

Nach Genehmigung des Landes Schleswig-Holstein dürfen die “Zebras” am Mittwoch (19.05 Uhr) gegen die HSG Balingen-Weilstetten dank eines aufgeweichten 2G-Modells vor fast ausverkauftem Haus – die THW-Halle fasst 10.285 Zuschauer – in die Saison starten.

“Wir, THW Kiel, Landeshauptstadt Kiel und Land Schleswig-Holstein, starten gemeinsam mit Mut und Kreativität ein Modellprojekt, das derzeit im Profisport in Deutschland einmalig ist und Blaupause für den Bereich Sport und Veranstaltungen werden kann”, sagte THW-Aufsichtsratschef Marc Weinstock. Der Kieler Modellversuch ist – sofern es die Infektionslage zulässt – zunächst auf zwei Monate bis zum 8. November befristet.

“Wettbewerbsnachteil” für HSV-Handballer?

Zeitgleich kann Aufsteiger HSV Hamburg, der bei seiner Rückkehr ins deutsche Handball-Oberhaus Frisch Auf Göppingen empfängt, aber nur 3.000 Zuschauer in der Arena am Volkspark begrüßen. Dabei bietet die Halle sogar 13.000 Handball-Fans Platz.

“Wir sind der Favorit, andere sind auch Favoriten. Wenn andere sagen, wir sind der größte Favorit, dann nehmen wir das auch so an.”
Kiels Patrick Wiencek zur Favoritenfrage

Für HSV-Trainer Torsten “Toto” Jansen eine “Wettbewerbsverzerrung. Für uns als Aufsteiger ist es natürlich umso wichtiger, eine volle Halle hinter uns zu haben, um Punkte aus Heimspielen holen zu können”, sagte der Weltmeister von 2007. Szilagyi will da nicht ganz mitgehen, hat aber Verständnis für die Sorgen der Hanseaten. “Wettbewerbsverzerrung ist ein großes Wort. Ich würde es als Wettbewerbsnachteil bezeichnen”, so der THW-Manager. Die SG Flensburg-Handewitt, die am Mittwoch auswärts in Minden startet, darf bei ihren Heimspielen bis zu 4.600 Fans in der “Hölle Nord” empfangen, die eine Kapazität von 6.300 Plätzen hat.


VIDEO: Bohmann: Rennen um Meisterschaft “sehr offen und spannend” (6 Min)

Bohmann rechnet im Herbst mit Hallen-Vollauslastung

“Wir haben auch Hallen, wo nur 500 Zuschauer zugelassen sind. Das ist natürlich eine riesige Diskrepanz”, sagte HBL-Chef Frank Bohmann dem NDR. “Wir haben immer noch einen Flickenteppich in Deutschland.” Er rechnet bei einer entsprechenden Impfquote schon “Ende Oktober, Mitte November mit Vollauslastung” in den Hallen. “Wenn wir jetzt beweisen, dass wir mit den noch eingeschränkten Zuschauerzahlen nicht zur Infektionslage beitragen, dann sind Einschränkungen irgendwann nicht mehr zu rechtfertigen”, so Bohmann.

Frecke: “Sind nun mal ein wirtschaftliches Unternehmen”

Neben der Unterstützung für die Teams geht es bei der Zuschauer-Frage für die Handball-Clubs vor allem um wirtschaftliche Nöte.

“Natürlich versuchen wir, so viele Fans wie möglich in die Halle zu lassen. Da geht es nicht um Gewinnoptimierung, sondern um den Erhalt von Spitzenhandball in Kiel.”
THW-Manager Viktor Szilagyi

Der HSV setzt vorerst auf das 3G-Modell, wonach Geimpfte, Genesene und Getestete in die Halle dürfen. Ein Umschwenken auf 2G (nur Geimpfte und Genesene) ist aber keinesfalls ausgeschlossen. “Für uns als Verein ist das 2G-Modell vermutlich besser. Aus dem ganz einfachen Grund, weil wir mehr Zuschauer in die Halle lassen dürfen”, sagte Geschäftsführer Sebastian Frecke. “Damit steigen die Einnahmen und als wirtschaftliches Unternehmen, das wir nun mal sind, ist darauf Wert zu legen.”

Ebenso wie auf den Klassenerhalt. “Das ist das einzige Ziel des Vereins”, so Frecke, der vor allem auf Coach Jansen setzt: “Er ist der Vater des Erfolges, hat es geschafft, sich und die Mannschaft weiterzuentwickeln. Wir sind uns sicher, dass er auch die Aufgabe Bundesliga als Trainer bravourös lösen wird.”

Der etwas andere HSV: Gekommen, um zu bleiben

Die Hamburger, vor zehn Jahren mit einem von Andreas Rudolph finanzierten Starensemble noch deutscher Meister, sind wiedergekommen, um zu bleiben. Aber anders als früher. “Wir sind kein Mäzen geführter Verein, sondern breit aufgestellt. Wir haben keine Weltstars. Von der Grundkonstruktion her sind wir ein komplett anderer Verein”, so Frecke.

THW-Profi Wiencek: “Verstehen uns alle blind”

Die Stars der Szene spielen, Corona-Pandemie hin oder her, in Kiel, Flensburg oder auch bei den Rhein-Neckar Löwen. Für den Kampf um die vorderen Plätze hat THW-Nationalspieler Patrick Wiencek zudem noch die Füchse Berlin, Melsungen und Magdeburg auf der Rechnung. Müsste der Kreisläufer wetten, würde er aber wohl auf seine “Zebras” setzen. “Unser größtes Plus ist unsere Eingespieltheit. Wir verstehen uns alle blind”, so Wiencek. “Und mit Nikola Bilyk haben wir sogar noch einen dazu bekommen, der lange verletzt war.”

Das Rückraum-Ass des Supercup-Siegers ist nach überstandenem Kreuzbandriss zurück und geht quasi als Neuzugang 9.001 für den THW durch. Kein Wunder, dass Flensburg-Coach Maik Machulla eine ganz einfache Titelrechnung aufmacht: “Jede Mannschaft, die ganz oben dabei sein will, muss am THW Kiel vorbei.”

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Dieses Thema im Programm:

NDR 2 Sport |
08.09.2021 | 23:03 Uhr

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